Tichys Einblick
Interview TE 02-2025

Ökonom Thomas Mayer: Schicksal Europas hängt von Bundestagswahl ab

Dass Italien der stabile Faktor im Euroraum ist, sagt viel über den Zustand Europas aus, so Top-Ökonom Thomas Mayer. Die kommende Wahl sei die letzte Gelegenheit, eine Regierung aufzustellen, die zu dringenden Reformen fähig ist. Bei Aufhebung der Schuldenbremse sieht er große Gefahren für den Euro.

IMAGO - Collage: TE

Berlin. Die Bundestagswahl am 23. Februar vergleicht der Top-Ökonom Thomas Mayer mit den großen Richtungsentscheidungen wie dem Koalitionswechsel der FDP von der SPD zur Union 1982 und der Agenda 2010 des früheren Bundeskanzlers Gerhard Schröder. „Das Schicksal Deutschlands und damit das Schicksal Europas hängt von der kommenden Wahl in Deutschland ab. Sie bietet die letzte Gelegenheit, eine Regierung aufzustellen, die zu den umfassenden Reformen fähig ist, die Deutschland und Europa jetzt brauchen“, sagt Mayer im Gespräch mit der Februar-Ausgabe des Monatsmagazins Tichys Einblick.

Sollte das nicht gelingen und die Schuldenbremse aufgehoben werden, sieht Mayer große Gefahren für die Stabilität des Euro. „Bisher ist Deutschland der fiskalische Anker des Euro. Hätte Deutschland sich nicht an die Schuldenbremse gehalten, wäre die Gesamtverschuldung der Eurozone wahrscheinlich so hoch wie oder vielleicht sogar noch höher als die der USA.“ Bei einem Schleifen der Schuldenbremse würden überall „die Staatsfinanzen aus dem Ruder laufen. Die Inflation würde wieder steigen und das Wirtschaftswachstum versiegen. Was dann mit dem Euro passieren würde, kann man gerade in Brasilien beobachten, wo die Landeswährung Real abstürzt.“

Die aktuelle wirtschaftliche Lage Deutschlands sei allerdings noch viel prekärer als 1982 oder zur Zeit Schröders. „Wir stecken tiefer in der Klemme als damals, weil sich die Welt um uns herum grundsätzlich verändert hat“, so der Ökonom. Das erfolgreiche deutsche Geschäftsmodell habe auf drei Säulen basiert, nämlich dem Fleiß einer gut ausgebildeten Erwerbsbevölkerung, dem Know-how und der Innovationskraft der Unternehmer und auf günstiger Energie. Alle drei Säulen seien inzwischen weggebrochen.

Das sei nur noch schwer zu reparieren, sicher nicht mit einer Ampel light aus Union und SPD, sondern nur mit einer Koalition aus Union und FDP. „Wenn das nicht geschieht, sehe ich eine düstere Zukunft für Deutschland und Europa voraus. Denn wenn Deutschland jetzt nicht die Wende schafft, wird Frankreich sie bestimmt auch nicht schaffen. Und dass Italien unter den größeren Ländern heute als der politisch und wirtschaftlich stabile Faktor im Euroraum gilt, sagt viel über den Zustand Europas aus.“


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