Das Präsidium der Union hat in einer Schalte beschlossen, nächste Woche einen Antrag in den Bundestag einzubringen. Die Einwanderung ohne gültige Papiere soll dann nicht mehr möglich sein, konsequente Abschiebungen sollen erleichtert werden. Das bedeutet einen Paradigmenwechsel in der deutschen Politik. Nach dem Ende der Ampel haben CDU und CSU alle Anträge von der Tagesordnung nehmen lassen, die zu einer „Zufallsmehrheit“ im Bundestag mit der AfD hätten führen können.
Die Union handelt nun über Nacht, weil sie einen Eiertanz aufführen will. Man müsse den Antrag selbst einbringen, argumentiert das Präsidium intern. Dann könne die Union um Mehrheiten in der Mitte des Parlaments werben. Dazu müssen Beobachter verstehen: Solche Symbolik ist in der Berliner Blase von höchster Bedeutung. Solchen Eiertänzen trauen Vertreter der Berliner Blase eine maximale Außenwirkung zu. Doch das zeugt nur von ihrer Abgehobenheit. Beim Wähler kommt lediglich an, dass die Union nun im Kampf gegen die illegale Einwanderung zusammen mit der AfD arbeitet.
Diese haben allerdings keine gemeinsame Mehrheit. Für eine solche müsste die FDP ebenfalls zustimmen. Oder ausreichend einzelne Abgeordnete der FDP und des Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW), das den Kampf gegen illegale Einwanderung ursprünglich auch zu seinen Kernzielen erklärt hat. In Brandenburg hat das Bündnis jüngst aber einen vergleichbaren Antrag abgelehnt. FDP-Chef Christian Lindner wirbt zwar mit einer konsequenten Position gegen illegale Einwanderung. Aber dass bei ihm Rede und Tat maximal auseinander gehen, hat der ehemalige Finanzminister in der Ampel immer und immer wieder bewiesen.
Die SPD hat mit einem Fünf-Punkte-Paket auf Merz reagiert. Inhaltlich ist es die dünne Argumentation, mit der Kanzler Olaf Scholz und seine Innenministerin Nancy Faeser schon die ganze Zeit eine konsequente Politik gegen illegale Einwanderung verhindern: Maßnahmen würden gegen EU-Recht verstoßen; nationale Alleingänge wolle Deutschland auf keinen Fall, also außer in der Atomkraft; konsequente Abweisungen würden die Nachbarstaaten verärgern und der Bundespolizei fehle das Personal, Grenzen effektiv zu schützen. Gut, während der Pandemie oder während der Europameisterschaft ging es. Aber von solchen schlechten Angewohnheiten wie Stringenz oder Glaubwürdigkeit hat sich die SPD schon lange befreit.
Deswegen hält die SPD auch so verbissen an der „Brandmauer“ gegen die AfD fest. Egal, wie schwach sie selbst wird, bleibt es bei einer rot-grünen Politik – meist unter Beteiligung der SPD. Die Union hat sich durch die Mauer bisher in ihrer Handlungsfreiheit eingrenzen lassen. Wenn sie das nun aufgibt – zur Not auch unter Aufführung eines Eiertanzes –, würde das in Deutschland den Weg für einen echten Politikwechsel freimachen.