„Ich bin bei Friedrich Merz.“ Diese Worte hat Christian Lindner am Donnerstagabend in Mainz gesagt. Bei einer Wahlkampfveranstaltung der FDP. Wenige Stunden, nachdem Merz gesagt hat, er wolle ab seinem ersten Tag als Bundeskanzler konsequent gegen illegale Einwanderung vorgehen. Wenige Stunden, bevor die CDU/CSU klar gemacht hat, dass sie ihr Verhalten im Bundestag ändern will. Seit dem Ende der Ampel hat die Union Anträge zur illegalen Einwanderung nicht auf die Tagesordnung des Parlaments kommen lassen. Sie wollte „Zufallsmehrheiten“ mit der AfD verhindern. Nun bringt sie selbst einen Antrag ein, der Menschen ohne gültige Papiere die Einreise verbieten und konsequente Abschiebungen ermöglichen soll.
Wie schon 2017 versucht Lindner mit dem Thema illegale Einwanderung die FDP zu retten. Damals startete er aus der außerparlamentarischen Opposition und galt als glaubwürdig. Dieses Mal hat er drei Jahre lang als Teil der Regierung zugesehen, wie SPD und Grüne aus ideologischer Verblendung heraus die Situation eskalieren ließen: bis hin zu den Morden von Mannheim, Solingen, Magdeburg und Aschaffenburg.
Auf X schrieb Lindner am Donnerstag: „Eine Zäsur ist nötig.“ Abschiebungen nach Syrien oder Afghanistan müssten möglich sein. Auf der Startseite des Internetauftritts der FDP wirbt die Partei mit dem Slogan: „Alles lässt sich ändern.“ Stimmt die FDP gemeinsam mit der AfD dem Antrag der Union zu, wird der nach dreimaliger Behandlung zum Gesetz. Der Opposition steht es jederzeit zu, Gesetze an der Regierung vorbei im Parlament zu beschließen. Vorausgesetzt, sie hat die entsprechende Mehrheit hinter sich.
Also alles einfach? Nein. Da gibt es noch zwei Probleme: Christian Lindner und Friedrich Merz. Lindner hat als Finanzminister zwar immer wieder gute Analysen veröffentlicht, vorzugsweise auf X. Doch Wort und Tat gehen bei ihm so weit auseinander wie bei keinem anderen Politiker. Für Christian Lindner gilt der im Internet beliebte Scherz: „Nicht das Erreichte zählt, das Erzählte reicht.“
Für Friedrich Merz gilt nicht mal das Erzählte. Keine zwölf Stunden dauert es in der Regel, bis er einen Vorschlag zurücknimmt, der nicht auf Gegenliebe des rot-grünen Medienapparats stößt. Und der ungeschlagene Champ des Zurückruderns tut es schon wieder. Am Freitagmorgen ließ die Union durchsickern, dass sie den Antrag gegen die illegale Einwanderung in den Bundestag einbringen will. Egal, wer dem zustimmt. Egal, wenn es zu „Zufallsmehrheiten“ mit der AfD kommt.
Nun relativiert die Union diese Offensive bereits wieder über befreundete Medien. Sie wolle den Antrag nur einbringen, dann aber nicht zur Abstimmung kommen lassen, um eine Zustimmung der AfD zu vermeiden. Diese Relativierung stammt vom … ebenfalls Freitagmorgen. Es braucht noch nicht einmal einen Wechsel der Tageszeit, bis auf eine Initiative der Merz-CDU deren Zurückrudern einsetzt.
Für Merz und Lindner wird die kommende Woche im Bundestag zum Härtetest. An dieser Woche können die Wähler festmachen, ob die beiden was taugen. Ob Lindner seinen Worten auch mal Taten folgen lässt? Und ob Merz statt echter Politik zu betreiben, wieder mal nur ein Eiertänzer ist? Einer, der mit SPD und Grüne regieren will. Der aber so tun muss als ob, um genug konservative Wähler in eine linke Koalition mitbringen zu können. Ein Versuch, an dem Lindner nach drei Jahren samt FDP zu scheitern droht. Fällt er noch einmal durch einen Härtetest durch, wird es wohl einer zu viel gewesen sein.
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