Gut möglich, dass Friedrich Merz das alles nicht gewollt hat. TE hat am Wochenende schon darüber berichtet, dass der Unions-Chef gar nicht wollte, dass die Abstimmung über illegale Einwanderung zur Abstimmung über die „Brandmauer“ wird. Dass er eigentlich nur SPD und Grüne unter Druck setzen wollte und sich in seiner Wortwahl vergriffen hat. Ziemlich sicher, dass am Freitag eine konkrete Gesetzesänderung auf Vorschlag der Union nur deshalb im Bundestag zur Abstimmung steht, weil es sonst die AfD gewesen wäre, die diesen alten Antrag wieder ausgekramt hätte.
Aber das ist egal. Im Sprichwort springt jemand als Tiger und landet als Bettvorleger. Bei Merz ist es umgekehrt. Er war bis jetzt ein Grenzsoldat der „Brandmauer“ gegen die AfD. Er hat seit dem Ende der Ampel, das hat er an diesem Mittwoch zugegen, nur Anträge in den Bundestag eingebracht, wenn Rot-Grün denen zugestimmt haben. Er war ein schwacher Nachgeber. Ein Verräter jeder konservativen Wähler, die ihn erst groß gemacht haben.
Jetzt ist er der entschlossene Politiker, der Anträge gegen die illegale Einwanderung durchsetzt. Der zur Not die „Brandmauer“ ignoriert. Der sagt, es müsse das Richtige gemacht werden, auch wenn die „Falschen“ dafür seien. Möglich, dass er in die Rolle nur geschlittert ist. Aber sie nutzt ihm. Er ist jetzt ein Tiger.
Die „Brandmauer“ ist ein politisches Konstrukt. Es hat seine Wirkungsmacht in der Berliner Blase. In dieser Blase ist Merz jetzt erledigt. Doch über den neuen Bundestag stimmen die Bürger von Aachen bis Görlitz ab, von Flensburg bis Konstanz. Die Mehrheit dort will nicht, dass psychisch kranke Männer in Deutschland morden, obwohl sie illegal hier waren und schon längst hätten abgeschoben werden müssen. Die Bürger wollen als Reaktion darauf keinen Ausschluss der AfD – und ihrer Anhänger – aus der Gesellschaft. Sie wollen, dass der Staat verhindert, dass Ausreisepflichtige in Deutschland morden.
Die Reaktion von SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich auf das Ergebnis war bezeichnend. Wir verlassen jetzt den Saal – aus Protest gegen Merz. Dann kommen wir zurück – um unserer Verantwortung gerecht zu werden. Mützenich glaubt an Symbolik. Der Sozialdemokrat erwartet draußen wahrgenommen zu werden als verantwortungsbewusster Protestierer mit Haltung. Doch beim Wähler kommt nur an, dass er wirr hin und her rennt. Hilflos und kopflos in all seinem leeren Symbolismus.
Merz hat es jetzt in der Hand. Die Wahl wird in Deutschland gewonnen. Nicht in der Berliner Blase. Die Mehrheit in Deutschland will ein entschiedenes Vorgehen gegen die Morde Ausreisepflichtiger – kein Symbolismus gegen eine Oppositionspartei. Wie Merz in diese Rolle gekommen ist… Dazu wird es ellenlange Aufsätze geben. Aber ohne jede Wirkungsmacht. Denn am Ende zählt nur, so Helmut Kohl, was hinten rauskommt. Und das ist jetzt eine konsequente Politik gegen illegale Einwanderung – damit verbunden das Ende der Brandmauer.