In diesen Tage hat die junge, sehr begabte und ausgezeichnete Publizistin Ronja von Rönne ihren Blog eingestellt. Es waren wunderbar provokante Texte. Doch Rönne gab nach Morddrohungen und einem beispiellosen Shitstorm auf. Der war entstanden, nachdem die Social-Media-Managerin Anna-Mareike Krause der Tagesschau in geschickter Vermengung ihres privaten und gebührenfinanzierten Netzwerkes Rönne in Verbindung mit Rechtsradikalen gebracht und gemeinsam mit dem grünen Politiker Volker Beck eine unfassbare Hasskampgne gegen sie entfacht hatte. http://blogs.faz.net/deus/2015/05/30/ein-tag-von-der-empoerung-der-ard-redakteurin-zur-morddrohung-der-antifa-2612/
Ihr Verbrechen? Sie hatte sich in wirklich lesenswerten Beiträgen gegen den öffentlichen Meinungsterror des Netz-Feminismus zur Wehr gesetzt.
Die aktuellen Fälle
Es ist der zweite Fall in nur zwei Wochen. Die Ratgeber-Schreiberin Barbara Eggert hatte in der Westfalenblatt ihren Job verloren. Sie hat jetzt faktisch Berufsverbot, weil sie gewagt hatte, einem Vater davon abzuraten, dass seine Töchter bei einer Schwulenhochzeit Blüten streuen. Das sei eine gravierende journalistische Fehlleistung, so die Begründung des Westfalenblattes nach einem medialen Shitstorm. Es ist in diesem Land neuerdings gefährlich, auch nur eine abweichende Meinung der Schwulen-Verbände zu äußern – wohlgemerkt: Der Verbände. Viele Homosexuelle sind entsetzt, was in ihrem Namen geschieht: Die eingeforderte Toleranz wird in ihr Gegenteil verkehrt. Immer an der Spitze dabei: Volker Beck, Schwulenpolitiker der Grünen, der sich sonst mit kaum einer Aktivität sonderlich hervorgetan hat.
Das wirft ein Licht auf den Zustand der Meinungsfreiheit in Deutschland. Deswegen aktualisiere ich hier Teile meiner Rede, die ich auf Einladung des sächsischen Landtagspräsidenten Matthias Rößler kürzlich im Ständehaus des Landtages gehalten habe. (Der gesamte Vortragstext ist hier zu lesen.)
Wie ist in Deutschland die Atmosphäre wirklich? Ich möchte ein paar Zahlen aus einer zwei Jahre alten Untersuchung des Instituts für Demoskopie in Allensbach vortragen: Rund 30 Prozent der Bevölkerung meinten, man solle besser vorsichtig sein bei dem, was man sagt; immerhin 9 Prozent meinten, man solle seine Meinung nur mit Einschränkungen kundtun; 41 Prozent sagten, es sei besser, sich zu bestimmten Dingen nicht zu äußern. Für eine Demokratie ist das ein verheerendes Ergebnis. Und die Zahlen der geringen Wahlbeteiligungen sind auch ein Reflex des Zusammenspiels zwischen Politik und Medien. Politik und Medien gehören zusammen: Die Medien organisieren den öffentlichen Raum, in dem dann letztlich die Politik um die Mehrheit kämpft.
Urteilsspruch ohne Kenntnis von Sachverhalten
Deshalb habe ich bei Google-News zum Fall Tröglitz recherchiert. Es gibt rund 100.000 Einträge, die sich mit dem Attentat auf das Flüchtlingsheim beschäftigen und Fremdenfeindlichkeit zum Thema machen. Das sind 30 Einträge je Bewohner, die es in dieser Stadt gibt. Ich habe lediglich vier Einträge gefunden, die sich damit befassen, dass die Soko „Kanister“ bisher keinen rechtsradikalen Hintergrund entdecken konnte, sondern möglicherweise von dem ausgeht, was man in meiner leichtlebigen oberbayerischen Heimat „das warme Abtragen von Gehöften“ nennt, nämlich einen Versicherungsbetrug. Das ist ein sensationeller Befund. Es wurde ein Urteil gesprochen, ohne die Sachverhalte zu kennen. Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig spricht davon, dass es ein Fanal sei und dass wir nicht nachlassen sollen im Kampf gegen die Rechtsradikalen. CDU-Fraktionschef Volker Kauder sieht darin einen Anschlag auf den Rechtsstaat. – Vielleicht ist es ein fieser, mieser, krimineller Versicherungsbetrug – aber eben auch nicht mehr.
Das erinnert an den Fall Sebnitz im Jahr 2000, bei dem der Tod eines Kindes zu einem rassistisch motivierten Mord stilisiert wurde. Der Vorfall konnte letztendlich nicht ganz aufgeklärt werden. Vermutlich war es ein Herzklappenfehler. Jedenfalls hat der Journalist Rainer Jogschies von handwerklichen Fehlern und vom Kampagnencharakter der Berichterstattung gesprochen. Auch ein Fall ohne Fakten, sondern von Unterstellungen. Jogschies hat das Wort „Emotainment“ geprägt: Wir berichten nicht mehr, sondern wir versuchen, auf der emotionalen Ebene zu unterhalten mit Sachverhalten, die eigentlich keine Unterhaltungssendung wert sind, sondern die eine Veranstaltung höchster politischer Qualität sind.
Der Medienwissenschaftler Neil Postman hat schon 1985 anlässlich der Eröffnung der Frankfurter Buchmesse das Wort geprägt: „Wir amüsierten uns zu Tode“. Aber der Begriff des Amüsements hat längst die Unterhaltungsshow verlassen und die politische Berichterstattung okkupiert. Den höchsten Unterhaltungswert hat derzeit der Kampf gegen Rechts. Alles kann rechts sein, und wer rechts ist, hat zu verstummen.
Ausländerfeindlichkeit in Deutschland?
BBC World meldete seinerzeit: „In Den Haag wurde der niederländische Politiker Geert Wilders vom Vorwurf der Volksverhetzung freigesprochen.“ Die Tagesschau meldete: „In Den Haag wurde der islamfeindliche und rechtspopulistische Politiker Geert Wilders vom Vorwurf der Volksverhetzung freigesprochen.“ Ist diese Information Wahrheit oder schon Manipulation? Eher hat man den Eindruck, dass große Teile der Medien in Deutschland eigentlich ein zu tiefes Misstrauen ihren Lesern, ihren Zuschauern, ihren Zuhörern, ihrer Bevölkerung gegenüber haben und das auch zum Ausdruck bringen. Nach den Geschehnissen in Sebnitz schrieb eine Zeitung: Es war kein rassistischer Anschlag, aber es hätte einer sein können. Also und gewissermaßen auf die Spitze getrieben: Wenn die Fakten ums Verrecken nicht passen, wir machen sie schon passend.
Der Publizist Sascha Lobo hat nach Tröglitz den Begriff „Latenznazi“ erfunden, das ist der unbewusste Rechtsextreme . Sie wissen also noch gar nicht, dass Sie rechtsextrem sind, aber latent sind Sie es schon. Und als Beweis hat er drei Punkte angeführt. Einer der Punkte ist die geplante Ausländermaut. Man kann ja dafür oder dagegen sein, geschenkt, Aber als ausländerfeindlich habe ich die Einführung der Autobahnmaut nicht wahrgenommen. Es ist ein Muster, das auch vom mangelnden Respekt gegenüber den eigenen Lesern zeugt. Die Leser müssen umerzogen werden, weil sie falsch gepolt sind. Dadurch entstehen ganz bestimmte Muster in der Berichterstattung, sodass wir von Ausländerfeindlichkeit sprechen, auch wenn sie gar nicht so verbreitet ist. Aber Deutsche stehen bei ihren Medien eben unter Generalverdacht.
Renate Köcher vom Allensbacher Institut für Demoskopie hat dieser Tage in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung jedenfalls keine generelle Ablehnung von Asylbewerbern feststellen können (vgl. „Asyl und Asylbewerber: Wahrnehmungen und Haltungen der Bevölkerung“). Sie hat sogar betont, dass sich – im Gegenteil – seit den Jahren der ersten großen Asylbewerberzahlen Mitte der 1990er Jahre die Bevölkerung ausgesprochen positiv zu Asylbewerbern bekennt. Und 66 Prozent der Leute sagen, sie hätten gern mehr Kontakt zu Asylbewerbern. Eine ausgesprochene Ausländerfeindlichkeit auf breiter Front sieht anders aus.
Political Correctness führt zu Sprach- und Medienzensur
Trotzdem sollten wir darüber nachdenken und darüber diskutieren, wie wir mit Flüchtlingen umgehen. Welche Sprache und welche Bilder verwenden wir in dieser Thematik? Ich selbst bin in dem Fall völlig unverdächtig. Ich habe in den 1990ern ein Buch geschrieben mit dem Titel „Ausländer rein! Warum es kein Ausländerproblem gibt“. Aber ich habe das Gefühl, dass wir über dieses Feld nicht mehr offen diskutieren, sondern dass die Meinung desjenigen, der ein problematisches Thema anspricht, a priori abgewertet wird. In den letzten 20 Jahren ist eine Art Sprachzensur entstanden, die die Überschrift trägt: Political Correctness. Es ist eine gesteuerte Tendenz zur Sprachzensur, die sich massiv verstärkt und einschüchternd wirkt. Man hört auf, frei zu reden.
Bearbeiten wir ein Feld, das ebenso schwierig zu verhandeln ist wie der Umgang mit Asylbewerbern oder Ausländern: Es geht um die Homo-Ehe. Kürzlich wurde in Irland die völlige Gleichstellung von homosexuellen Ehen mit – und jetzt sage ich schon ein gefährliches Wort: – normalen Ehen beschlossen. Schon kommt man sprachlich ins Schlingern. Und so schrieben die Kollegen der FAZ, dass die alten Autoritäten, die Kirche in Irland, diesen Kampf verloren haben, weil die Hüter der Tradition auch ihre Sprache verloren haben. Kaum war das Ergebnis des Referendums bekannt, lief die Kampagnenmaschine derer an, die selbst den Begriff der Homo-Ehe für diskriminierend halten. Das heißt jetzt „Ehe für alle“. „Die Verfechter der klassischen Ehe hingegen haben es offenbar akzeptiert, sich in eine Nische zurückziehen zu müssen, in der nur hinter vorgehaltener Hand über die erstaunlich weit verbreitete Tradition geredet wird, dass Mann und Frau dazugehören, um ein Kind zu zeugen. Geht es nach dem sogenannten Gender-Mainstreaming, also nach der offiziellen Richtschnur von Universitäten, Ministerien und wohl bald von Schulen, ist auch das – die Berufung auf die Natur – schon ein Zeichen latenter Homophobie. Der anders Denkende wird für krank erklärt“, notiert die FAZ. Wie dieser Mechanismus der Meinungsunterdrückung und des Schutzes auch krimineller Machenschaften funktioniert, hat Bettina Röhl am Beispiel der Kindervergewaltigung im Umfeld der Grünen beschrieben. Es ist eine verstörende Analyse, die an Aktualität gewinnt.
Errungenschaften der Zivilgesellschaft von innen zerstört
Homophobie, Islamophobie, Rassismus und Frauenfeindlichkeit sind Knüppel in der politischen Auseinandersetzung. Minderheiten verbünden sich, um der Mehrheit diesen Knüppel überzuziehen. Wer Kritik übt, wird sofort des Rechtsradikalismus geächtet. Wie weit das geht, zeigt ein Fall, der sich letzte Woche zugetragen hat. Der Vater zweier Töchter hat sich Rat suchend an die „Kummerkastentante“ einer Zeitung gewandt, mit der Frage, ob es richtig sei, wenn er seine 7- und 8-jährigen Töchter als Blumenkinder bei der homosexuellen Eheschließung seines Bruders zur Verfügung stelle. Das ist ja eine Frage, die man so oder so beantworten kann. Aber offensichtlich ist das für den Mann und seine konservative Weltanschauung ein Problem. Die Dame hat ihm davon abgeraten, er solle lieber vorher mit seinen Kindern darüber sprechen und sie entsprechend informieren. Die Dame ist gefeuert worden. Volker Beck, der Politiker der Grünen, hat sogar der Aktivistin, die die Kampagne gegen die „Kummerkastentante“ organisiert hat, zu ihrem Erfolg gratuliert. Die Kampagne? Schimpfwörter. Sie stammen alle aus dem Wörterbuch des Unmenschen, der übrigens geschlechtsneutral ist.
Islamophobie wurde von den Revolutionären und von Ayatollah Chomeini im Iran geprägt. Die Konferenz islamischer Staaten – übrigens eine Gruppe, in der sich auch ziemlich reaktionäre, undemokratische und unanständige Länder befinden – will, dass Islamfeindlichkeit antisemitischer und rassistischer Hetze gleichgestellt wird. Das ganze Geschehen ist nicht unbedingt widerspruchsfrei. Die Unterdrückung der Frau, Belästigung von Frauen und übrigens wirklich ausgeprägte Homophobie sind gängige Muster in islamischen Communities, wenn auch nicht in allen. Es ist bedenklich, wenn das Kopftuch als politisches Statement zugelassen wird und wir gleichzeitig die Kreuze abhängen. Die Errungenschaften der Zivilgesellschaft werden von innen zerstört. Den Schaden werden alle haben, wenn die Meinungsfreiheit stirbt. Sie stirbt immer zuerst. Dann beginnt die Unfreiheit mit all ihren Verbrechen.
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