Tichys Einblick
Konservative müssen auf Linke hoffen

Ausschuss winkt Richterinnen fürs Verfassungsgericht durch

Der Wahlausschuss des Bundestages hat drei Kandidaten für die Wahl zu Richtern des Verfassungsschutzgerichts aufgestellt. Das lässt darauf schließen, dass sie auch am Freitag die nötige Zwei-Drittel-Mehrheit erhalten. Selbst die umstrittene Frauke Brosius-Gersdorf.

IMAGO / Jürgen Heinrich

Sie haben es getan. Der Wahlausschuss des Bundestags hat Frauke Brosius-Gersdorf, Ann-Katrin Kaufhold und Günter Spinner als Kandidaten für das Richteramt am Bundesverfassungsgericht bestätigt. Sie erhielten unter den zwölf Abgeordneten des Ausschusses die notwendige Mehrheit von zwei Drittel der Stimmen. Das lässt darauf schließen, dass die schwarz-rote Koalition auch am Freitag im Bundestag die notwendige Mehrheit von ebenfalls zwei Dritteln der Stimmen erhält.

Dafür braucht die Regierungskoalition die Stimmen der Linken. Das dürfte kein Problem für CDU, CSU und SPD werden. Zumindest die Kandidatinnen der SPD, Brosius-Gersdorf und Kaufhold, sind ganz im Sinne der Linken. Brosius-Gersdorf hat sich während der Pandemie für eine Impfpflicht ausgesprochen, möchte Texte durchgendern, ist für ein AfD-Verbot und für eine weitgehende Freigabe von Abtreibungen – auch über den dritten Monat der Schwangerschaft hinaus.

CDU und CSU werden die Kandidatin des Koalitionspartners mittragen. Die CSU hat zwar eine Zeit lang das handelsübliche – schaut, wie wir nach rechts blinken – gespielt. Um dann aber doch wieder mal nach Links abzubiegen. CSU-Landesgruppenchef Alexander Hoffmann hat die Unterstützung der extrem linken Kandidatin für das Verfassungsgericht damit begründet, dass die Parteien der Mitte zusammenhalten müssten.

Als Verfassungsrichterin untragbar
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Die Union hätte durchaus die Option gehabt, die Kandidatinnen der SPD abzulehnen. Was Hoffmann die Mitte nennt, ist in Wirklichkeit nicht mehr als die Wahrung des Koalitionsfriedens. Dafür sind CDU und CSU erneut bereit, mit der Linkspartei zusammenzuarbeiten und sich damit über eigene Parteibeschlüsse hinwegzusetzen. So sehr sich Friedrich Merz und Co. auch in die Brust werfen, die “Brandmauer” gegen die AfD zu verteidigen. Zur Zusammenarbeit mit den Linken greifen sie, wann immer es passt. Vor der Richterwahl zuletzt bei der Wahl von Merz zum Kanzler.

Im Internet ist unter liberal-konservativen Nutzern der Ärger über die offen extrem linken Kandidatinnen der SPD ausgebrochen. Viele vergleichen diese mit der Wahl Ferda Atamans zur Antidiskriminierungsbeauftragten des Bundes. Diese hatte die FDP aus Opportunität gegenüber dem Koalitionspartner Grüne mitgetragen – womit die Partei die liberal-konservative Zielgruppe nachhaltig verärgerte, verlor, und in der Konsequenz aus dem Bundestag flog.

Ironischerweise ist die Partei die Linke jetzt die letzte Hoffnung der Konservativen in CDU und CSU. Die Linken begrüßen zwar inhaltlich die Kandidatinnen der SPD. Doch die Partei ist immer noch sauer auf die Union, weil diese die Wahl ihrer Fraktionsvorsitzenden Heidi Reichinnek in den Geheimdienst-Ausschuss erfolgreich torpediert hat. Die Linke verlangt nun von Merz, dass er vor der Wahl am Freitag “auf sie zugehe”. Die Wahl von extrem linken Verfassungsrichterinnen passiert also dann, wenn der Kanzler bereit ist, zum Machterhalt auf Stolz und Rückgrat zu verzichten.

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