Tichys Einblick
Trump und andere Übel

Bei Maischberger: Trump und die „Drecksarbeit“

Infantilisierung der Weltpolitik bei Sandra Maischberger. Der deutsche Haushalt und Gebäudetyp E – E wie einfach. Für 18,36 Euro bietet die Talkrunde eine bunte Mischung an Vielfalt und österreichischem Verstand. Von Katharina Benjamin

Screenprint ARD / Maischberger

Immer bedrohlicher werden die weltpolitischen Ereignisse. Professionell, wie Sandra Maischberger nun mal ist, werden die aktuellsten Themen mit den kompetentesten Gästen heruntergebrochen. Keinen besseren Einstieg bietet der Nato-Gipfel in Den Haag. Trump wurde dort auf Händen getragen: Gala-Dinner im Schloss, Übernachtung im königlichen Palast und kurze Arbeitssitzungen.

Maischberger fragt erschüttert, ob das Unterwerfung war. Journalist und Publizist Albrecht von Lucke ist davon überzeugt, aber kann dem Ganzen auch etwas Gutes abgewinnen. „Sinnvoller wurde, glaube ich, nie Unterwerfung praktiziert. Denn der Trump, den man heute erleben konnte, war einer, den man haben wollte. Einer, der der Nato die Treue gehalten hat, der gesagt hat, ich bleibe an Bord und das war der Zweck der Übung.“

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Dem stimmt auch die „Chefreporterin Freiheit“ bei der Welt Anna Schneider zu, aber eine Unterwerfung in diesem harmonischen Gipfel sieht sie nicht. Spiegel-Autor Markus Feldenkirchen stört sich sichtlich an Schneiders Einordnung: „Ja, also ich bekenne mich zu meinem Störgefühl, wenn da 20 bis 30 erwachsene Menschen, die auch Staaten repräsentieren, zusammenkommen und dann ist einer dabei, der das intellektuelle Niveau, aber auch die Aufmerksamkeitsspanne so quasi auf einen Achtjährigen herunter dimmt und alle müssen mitmachen. Und auch so tun, als sei das normal, dass ist schon eine Infantilisierung der Weltpolitik. Jetzt kann man sagen, das Ergebnis ist in Ordnung und trotzdem wirkt es auf mich absolut unseriös.“ Damit beginnt auch schon das vorprogrammierte Spannungsgefühl zwischen Schneider und dem Rest des ÖRR.

Erst recht, als Schneider deutsche Journalisten des Trump-Bashings beschuldigt, welche Trump „vor allem intellektuell runterreden wollen“. Feldenkirchen und von Lucke beweisen der Österreicherin das Gegenteil, und zwar so: Trump könnte nicht intellektuell sein, „weil er liest nicht und das einzige, was er mit Passion tut, ist Fernsehgucken“. Außerdem hätten ihn Psychologen „aus der Ferne diagnostiziert, als einen hochpathologischen, narzisstischen Charakter“. Es bleiben also keine Zweifel.

Maischberger führt das Gespräch wieder zurück zum Nato-Gipfel, wo „der Artikel 5 mit den 5 Prozent Bruttoinlandsprodukt erkauft“ wurde. Die Beistandsverpflichtung Artikel 5 sei von Trump in der letzten Zeit immer wieder in Frage gestellt worden. Ob die USA wirklich Europa zur Seite stehen würden, bezweifeln die deutschen Journalisten. Schneider ermahnt diese jedoch, weniger auf Trump und mehr auf sich selbst zu schauen: „Man muss doch einfach verstehen, dass man selbst für sich sorgen muss, sich selbst verteidigen kann.“ Selbst von Lucke wirft ein, „dass die Amerikaner seit Langem sagen, ihr Europäer seid zuallererst für eure eigene Sicherheit verantwortlich, [das] ist nicht eine Erfindung von Donald Trump“. Das ist Maischberger dann doch zu viel Einsicht und sie lenkt das Thema auf den nächsten Problemfall: Die Aussage von Kanzler Merz, die Israelis machten „die Drecksarbeit“ für die westlichen Verbündeten.

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Schneider kritisiert, dass gerade die Kritik aus der eher linken Seite, anstatt sich mit dem Inhalt auseinanderzusetzen, auf die Semantik gehe. Sie findet die ganze Sache „erfrischend klar“ und ist belustigt, dass sich deutsche Journalisten mit so einer Sache zwei Wochen beschäftigen lassen. Was auch auf einen großen Teil der Sendung von Maischberger zutreffen sollte. Aber das sind nun mal die aktuellen brennenden Weltprobleme – Trump und die deutsche Diplomatie.

Von Lucke und Feldenkirchen bekommen Schnappatmung. Feldenkirchen sieht in den Angriffen auf den Iran einen Völkerrechtsverstoß und von Lucke wendet sich an Schneiders Haus Springer und kritisiert den Ausdruck der „Abschaffung der Fencheltee-Diplomatie“. Schneider verteidigt scharf: „Na, also auch bei Springer haben wir die Diplomatie nicht verabschiedet, auch das Völkerrecht übrigens nicht, das ist alles gut bei uns.“ Noch schärfer holt sie zur Verteidigung von Israel aus: „In Deutschland sitzen wir hier auf unseren warmen Sesseln und sprechen über das Brechen des Völkerrechts. Da kämpft Israel wieder mal ums Überleben und die fragen sich wahrscheinlich, was bei uns so verkehrt läuft. Und wenn das Völkerrecht vorsieht, dass Israel sich nicht verteidigen darf und dass die USA nicht zu Hilfe kommen dürfen, […] dann ist vielleicht das Völkerrecht falsch und nicht Israel.“ Auf den Moment der Stille folgt ein verhaltenes Klatschen im Publikum. So viel Rückgrat ist das Publikum des ÖRR nicht gewohnt.

Maischberger leitet schnell das nächste Thema ein: Wehrpflicht, ja oder nein? Feldenkirchen glaubt, dass die Bundeswehr vielleicht bald wieder attraktiver werden könnte für junge Leute und dass keine Wehrpflicht notwendig ist. Von Lucke findet eine Wehrpflicht sinnvoll und Schneider fasst die irrationalen Antworten von Feldenkirchen und von Lucke prägnant zusammen: „Ganz persönlich halte ich gar nichts von einer Wehrpflicht, weil ich finde nicht, dass ein Staat über Lebenszeit von Menschen zu verfügen hat, aber das ist in Deutschland nicht so freiheitlich. In diesem Sinne glaube ich sogar tatsächlich, dass die Wehrpflicht kommen wird, weil wir vermutlich bald feststellen, dass es mit der Freiwilligkeit nicht getan ist. Weil ich glaube, auch ganz viele Menschen mit Patriotismus nicht so viel anfangen in diesem Land.“ Besser hätte man es nicht zusammenfassen können.

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Auch zwei „professionelle Militärexperten“ dürfen sich im Anschluss dazu äußern: Der Vizepräsident des Bundestages Omid Nouripour (B’90/Grüne) und der ehemalige Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU). Guttenberg, der ja selbst viel in den USA war – leider, wie Maischberger hinzufügt – kann Trump nichts Positives abgewinnen. Auch Nouripour ist besorgt, dass Trump aus den Geschichtsbüchern Verteidigungsausgaben in Höhe von 6 Prozent ausgraben könnte. Guttenberg beruhigt ihn: „Da er mit relativer Sicherheit nicht in Geschichtsbücher schauen wird, habe ich eine gewisse Hoffnung, dass die 6 Prozent nicht sofort um die Ecke kommen.“ Trump als „Friedensfürst zu feiern“, widerstrebt ihm ebenso – das würde seinen Narzissmus nur bestärken.

Zurück zu deutschen Haushaltsproblemen: Was plant die Bundesregierung bei Mietpreisen und Wohnungsbau? Die Bundesministerin für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen Verena Hubertz (SPD) plaudert erst einmal um den heißen Brei. Über ihren Einstieg in die Politik, über ihr verkauftes Unternehmen „Kitchenstories“ und warum Wähler ein Problem mit einem reichen Merz haben, aber nicht mit einer reichen Hubertz. Ganz am Ende geht es dann ans Eingemachte.

Den Minusrekord an Wohnungsbau möchte sie mit der Brechstange angehen. Einen Umschwung soll der Gebäudetyp „E – wie einfach“ bringen. Es soll also schneller und günstiger gehen und an diesen Zahlen dürfe man sie messen. Ob es bis zur Enteignung gehe, möchte Maischberger wissen. Hubertz streitet ab – Maischberger fragt harmlos: „Warum nicht?“ Ja, warum eigentlich nicht – nach der Abschaffung des Bargeldes bleibt ja fast nichts mehr anderes übrig zum Abschaffen als das Wohneigentum.

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