Tichys Einblick
Stolperstart und diplomatisches Ungeschick

Bei Illner: Merz-Spezial-Dragees 
gegen Migrationsbeschwerden

Thema der Sendung: Merz’ verstolperter Start ins Kanzleramt. Auch die ersten 48 Stunden des Kanzlers waren etwas unglücklich, oder wie Spiegel-Amann sagte, ein Chaos. Um zu suggerieren, „der tut was“, hatte er Dobrindt angewiesen, an den Grenzen Asylbewerber abzuweisen. Weshalb Polens Tusk Merz abwatschte.

Screenprint: ZDF / Maybrit Illner

Alexander Dobrindt, CSU, derzeit Innenminister, lässt sich wie ein erfahrener Scheidungsanwalt auch von vier sich in alles oder nichts hineinsteigernden Frauenzimmern nicht aus dem Gesetzestext bringen. Geduldig erklärt er Paragraf auf Paragraf, sagt, dass auf sowas nun mal sowas folgt, bis die Erregung langsam abklingt.

Nur ging es bei Illner nicht um privates Glück, beziehungsweise dessen Ende, sondern um das Schicksal von allen, die hier noch gut leben und Steuern zahlen, nämlich die Massenmigration. Aber wir greifen vor. Thema der Sendung war der verstolperte Start des Friedrich Merz ins Kanzleramt, und da wollte Maybrit Illner mit Spiegel-Melanie Amann, der Grünen Dröge und einer jungen Politologin von der FU Berlin noch mal in Ruhe und Gelassenheit nachtreten. Es war ja auch zu schön. 18 Abtrünnige hatten Merz die Stimme verweigert, „ein schlechtes Zeichen“, das für „Misstrauen gegenüber der Regierung“ steht (Dröge). Verdächtige wurden nicht genannt, aber es könnten auch Unionisten gewesen sein, denn Merz habe, so die Politologin, wohl selbst nicht damit gerechnet, dass er in kurzer Zeit „so viele Versprechungen brechen muss“. Gilt an der FU Berlin, ein Dieb muss stehlen, wie ein Politiker Versprechungen brechen muss?

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Vielleicht hatten die 18 Abgeordneten aber auch Schwierigkeiten mit dem Denken, denen fehlte womöglich, so insinuiert Melanie Amann, ein Spiegel-Abo, beziehungsweise Informationen über die Tragweite solcher Störmanöver. Ein zweiter Wahlgang drei Tage später hätte der vereinigten Linkspresse viel Zeit gelassen, den Fritz noch kleiner zu machen, als er so schon ist.

Deshalb ist Dobrindt als Held in die Geschichten eingegangen, als der Mann, der die Handynummern vieler Damen des Parlaments, und eben auch die von Janine Wissler, SED, gespeichert hat, sodass er flugs ein Treffen mit den Kommunisten verabreden konnte und schließlich alle Parteien (bis auf eine) den Wahlgang Nummero Zwo sofort durchziehen konnten. Der Unions-Unvereinbarkeitsbeschluss bezüglich der SED? Unauffindbar. „Wie lange braucht die CDU/CSU, bis sie die Linke voll akzeptiert“, fragte Illner, die Journalistin aus dem Roten Kloster, rhetorisch, und Amann assistierte, man könne AfD und SED nicht gleichsetzen, bloß weil die einen „ein bisschen antikapitalistisch drauf“ sind. Die AfD, so setzte Dröge noch eins drauf, „nutzt die demokratischen Spielräume, um die Demokratie von innen zu zerstören“. Und für welche Grundgesetzschleifungen nutzen Union und R2G die demokratischen Spielräume aus?

Überhaupt der Jens Spahn, so die Damen dann. Freund von Donald Trumps Politik, Verharmloser der AfD, dem vertraue sie nicht (Dröge). Immerhin hat die Gemeinschaft der Demokraten (Selbsteinschätzung) mit dem Verfassungsschutzbericht nun endlich gesicherte Erkenntnisse über die AfD. Auch Friedrich Merz, so Dobrindt, sehe nach den 1.100 Seiten diese Partei „mit anderen Augen“. Dabei hat er den Bericht noch gar nicht gelesen, er selbst, der Innenminister übrigens auch nicht. Außerdem stehen nur längst bekannte Zitate drin. Oder wurden nicht erlaubte nachrichtendienstliche Mittel zur Denunziationsbeschaffung eingesetzt? Da will Dobrindt den kommissarischen Geheimdienstchef einbestellen, und dann mal schauen, was die Gerichte sagen.

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Die ersten 48 Stunden des Kanzlers Merz waren etwas unglücklich, oder wie Spiegel-Amann sagte, ein Chaos. Dazu trug auch Fritzens diplomatisches Ungeschick bei. Um zu suggerieren „der tut was“, hatte er Dobrindt angewiesen, die Bundespolizei an die Grenzen in Marsch zu setzen und vielleicht, unter Umständen, wenn’s nicht anders geht, Asylbewerber abzuweisen. Weshalb Polens Tusk, derzeit im Wahlkampf, Merz abwatschte, denn Polen schickt schließlich Asylanten gleich nach Schland durch. Dabei, so zeigen alle Berichte, passiert an den Grenzen rein gar nichts.

Illner, dumm ist sie nicht, brachte das auf den Punkt: Polen sagt man, Ihr macht nix, und den Deutschen, wir machen ja, aber es dauert halt? Genau. Aber das Geschrei war trotzdem groß. Bruch des europäischen Rechts, Alleingänge, Konfrontation mit den Partnern, brandgefährlich sei das, die Damen kriegten sich nicht mehr ein. Überhaupt, so die Politologin, solle die Union „die Überforderungsrhetorik beenden“. Heißt wohl: Die Kommunen haben Platz, der Staat grenzenlos Geld, wer ist da überfordert? Soweit die Analyse der Freien Universität Berlin.

Überraschend war dabei nur, dass alle am Tisch unumwunden zugaben, dass „Dublin“ nicht funktioniert. Also müssen Pillen für die richtige bunte Sicht auf die Welt her. Die Dobrindt-Merz-Spezial-Dragees. Die versprechen eine Reduzierung von Migrationsbeschwerden. „Stück für Stück“ sind sie ein „Signal an die Welt: Deutschlands Migrationspolitik hat sich verändert“. Und täglich meditieren. Ohmmm… soll auch helfen.

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