US-Präsident Donald Trump hat seine zweite Amtszeit mit der Androhung von Zöllen gegen eine Reihe von Ländern, von Kanada bis China, begonnen. Manche dieser Zölle wurden zwar verschoben, wie etwa die gegen Kanada und Mexiko, aber andere sind nach wie vor im Gespräch, was zu einer überzogenen Medienberichterstattung geführt hat.
Sollten die von Trump vorgeschlagenen Zölle tatsächlich in Kraft treten, wäre dies sicherlich eine schlechte Nachricht. Zunächst einmal werden sie sich wahrscheinlich inflationär auf die USA auswirken und zu einem erheblichen einmaligen Preisanstieg für amerikanische Verbraucher und Unternehmen führen. Die Zölle werden zwar von den Importeuren gezahlt, aber diese versuchen in der Regel, die höheren Kosten über höhere Preise an ihre Kunden weiterzugeben. Dies würde die Lebenshaltungskosten der Amerikaner und die Geschäftskosten erhöhen, was im Laufe der Zeit zu einem weiteren Anstieg der Verbraucherpreise führen könnte.
Nichts davon muss zwangsläufig eintreten. Tatsächlich hat sich gezeigt, dass die Zölle, die Trump während seiner ersten Amtszeit eingeführt hat, kaum bis gar keine inflationären Auswirkungen hatten. Dies lag daran, dass die gestiegenen Importkosten ab Anfang 2018 durch den steigenden Dollar ausgeglichen wurden. Wenn der Wechselkurs eines Landes im Vergleich zu anderen Ländern steigt, werden die Importe billiger.
Ein stärkerer Dollar als Reaktion auf Trumps Zölle – mit dem einige Ökonomen rechnen – würde die Importe erneut verbilligen. Offenbar führen globale wirtschaftliche Störungen trotz des Endes der US-Hegemonie in der Regel immer noch dazu, dass Kapital in amerikanische Vermögenswerte fließt, weil die Anleger sie als „sicheren Hafen“ ansehen – selbst wenn die USA selbst die Störungen verursachen.
Ein stärkerer Dollar könnte daher etwaige inflationäre Auswirkungen abmildern. Aber er würde auch die Wettbewerbsfähigkeit der US-Exporteure beeinträchtigen – ein weiteres Beispiel für die perversen und kontraproduktiven Folgen der Verwendung von Zöllen zur Förderung von Wachstum und Beschäftigung im Inland.
Noch wichtiger ist, dass Trumps Zollagenda in wirtschaftlicher Hinsicht insgesamt Schaden anrichtet. Sie wird den wirtschaftlichen Nationalismus der westlichen Staaten weiter festigen. Die staatlichen Eingriffe in die Wirtschaft haben im Westen seit der Finanzkrise 2008 zugenommen. Anfänglich haben viele Regierungen das Ausmaß ihrer Interventionen verheimlicht. Im Handel beispielsweise verhängten sie eher nichttarifäre Hemmnisse wie regulatorische Beschränkungen oder Exportsubventionen als offene Zölle. Doch in den folgenden zehn Jahren und insbesondere seit der Pandemiezeit der staatlichen Rettungsaktionen greifen die Regierungen offen, ja sogar enthusiastisch in die Wirtschaft ein. Obwohl der Staat also während der so genannten neoliberalen Ära nie wirklich verschwunden ist, verkünden heute viele, dass „der Staat zurück ist“.
Trumps Zölle, so ‚altmodisch‘ sie auch erscheinen mögen, stehen ganz im Einklang mit dieser Zeit des staatlichen Wirtschaftsinterventionismus. Wie jeder andere westliche Politiker hält er an der zeitgenössischen Illusion fest, dass staatliche Wirtschaftsinterventionen gut für die heimische Wirtschaft seien.
In Wirklichkeit stützen Zölle, staatliche Subventionen und die ganze Palette anderer staatlicher Maßnahmen zur Unterstützung von Unternehmen lediglich den gescheiterten wirtschaftlichen Status quo. Diese Maßnahmen wirken wie ein Protektionismus-Programm. Sie verhätscheln und stützen bestehende Unternehmen, ganz gleich wie träge und unproduktiv sie sind. Dies hemmt den Prozess der schöpferischen Zerstörung und behindert die Unternehmensinvestitionen, die – wie allgemein bekannt – notwendig sind, um das Produktivitätswachstum anzukurbeln.
Natürlich ist der Aufbau der industriellen Kapazitäten eines Landes ein lohnenswertes Ziel. Die Herstellung von Dingen im eigenen Land ist an sich wichtig.
Sie bietet qualitativ hochwertige Arbeitsplätze, schafft Möglichkeiten für Innovationen und stärkt die Produktionskapazität eines Landes. Protektionistische Maßnahmen wie Einfuhrzölle tragen jedoch nicht dazu bei, dieses Ziel zu erreichen. Anstatt die einheimischen Industrien, Sektoren und Arbeitsplätze in den entwickelten Ländern zu stärken, verhätscheln protektionistische Maßnahmen die zweitklassigen einheimischen Unternehmen. Das hemmt die Anreize für Innovationen und Investitionen in bessere Technologien.
Trump mag seine Zölle für eine mutige Förderung der nationalen Interessen Amerikas halten. Doch das ist ein Irrtum. Seine Zollankündigungen sind oft nur kurzfristige Verhandlungstaktiken, Instrumente, mit denen andere Länder gezwungen werden sollen, sich Amerikas Willen zu beugen – von der Grenzsicherung bis zu den Verteidigungsausgaben der Nato. Aber in dem Maße, in dem sie tatsächlich als langfristige wirtschaftliche Maßnahmen eingesetzt werden, hemmen sie die Entwicklung der amerikanischen Produktivkräfte.
Die erfolgreiche Entwicklung eines Modells für künstliche Intelligenz (KI) durch das chinesische Unternehmen DeepSeek zu einem Bruchteil der Kosten seiner amerikanischen Konkurrenten sollte in den USA die Alarmglocken läuten lassen, was die Gefahren des Protektionismus betrifft. Die sowohl von Joe Biden als auch von Trump verfolgte Politik der Beschränkung von Technologieausfuhr nach China hat die Selbstgefälligkeit des US-Technologiesektors nur verstärkt – und die chinesische Innovation im Bereich der KI beschleunigt.
Trump hat bereits in anderen Bereichen der Politik gezeigt, dass er bereit ist, disruptiv zu handeln. Wenn er die amerikanische Produktivität wirklich ankurbeln will, sollte er versuchen, die Wirtschaft aufzurütteln, anstatt zu versuchen, bestehende Unternehmen durch Zölle und andere protektionistische Maßnahmen zu schützen.
Teile der politischen und medialen Klasse, die gegen Trump wettern, verstehen nicht, dass sein Zollprogramm keine verrückte Verirrung oder ein Zeichen für seine Untauglichkeit im Amt ist. Vielmehr ist es eine Fortsetzung der wirtschaftsnationalistischen Politik Bidens und anderer westlicher Führer. Biden hielt nicht nur alle früheren Zölle Trumps gegen China aufrecht – er erhöhte sie auch und verschärfte die Exportbeschränkungen für US-amerikanische KI- und Chiptechnologie. Schließlich war es Biden und nicht Trump, der enorme Zölle auf chinesische Elektroautos in Höhe von 100 Prozent verhängte. Speziell Trump dafür zu verurteilen, verschleiert, wie weit verbreitet und etabliert der Protektionismus im Westen ist.
Die von den Medien verbreitete Angst vor einem von Trump angezettelten „Handelskrieg“ vernebelt auch die geopolitischen und wirtschaftlichen Aspekte, die auf dem Spiel stehen. Einige haben sogar spekuliert, dass sich der globale Handelskrieg der 1930er Jahre wiederholen könnte. Dieser historische Moment selbst ist mythologisiert worden. Wie ich in meinem 2020 erschienenen Buch „Beyond Confrontation“ darlege, ist das Narrativ der Nachkriegszeit über den Handelskrieg der 1930er Jahre in weiten Teilen eine Übertreibung der Auswirkungen der Zölle nicht nur auf den Handel, sondern auch auf die allgemeine Verschlechterung der wirtschaftlichen und politischen Beziehungen zwischen den Nationen.
All dies mahnt dazu, die Besorgnis über Handelskriege nüchtern zu betrachten. Nicht nur, weil Trumps Drohungen oft unerfüllt bleiben, sondern auch, weil internationale Handelskonflikte in der Regel ein Symptom für nationale Wirtschaftsprobleme darstellen. Für nationale Politiker ist es nämlich nur allzu einfach, ihre selbst verursachten chronischen wirtschaftlichen Probleme auf externe „Handelskriege“ zurückzuführen. Wenn die Trumpschen Zölle fortgesetzt werden, könnte es sein, dass die EU-Kommission ihnen demnächst den wirtschaftlichen Absturz in Europa in die Schuhe schiebt und gleichermaßen dürfte die britische Finanzministerin Rachel Reeves bald die Zölle für das Chaos verantwortlich machen, das ihre eigene Politik verursacht hat.
Allerdings ist es wahrscheinlich, dass andere Länder auf Trumps aktuelle Zölle mit Vergeltungsmaßnahmen reagieren werden. Und das könnte einen Handelskrieg auslösen. Aber diese Art von Konflikt ist nur ein Symptom für eine wirtschaftlich fragmentierte Welt. Es gibt weitaus umfassendere und gewichtigere geopolitische Probleme am Horizont als die gegenseitigen Zölle. Geopolitisch weitaus gefährlicher als ein Handelskrieg ist Amerikas parteiübergreifende Weigerung, sich konstruktiv mit der Realität des Aufstiegs Chinas auseinanderzusetzen – eine Folge von Washingtons riskantem Festhalten an der von den USA geführten Weltordnung der Nachkriegszeit.
Wie Douglas Busvine, Wirtschaftsredakteur bei Politico Europe, scharfsinnig vermutete, ist China der „wahre Feind“ des Weißen Hauses in seinen Zollkriegen. Busvine merkt an, dass sogar die Zölle, die Kanada und Mexiko noch drohen, indirekt auf Peking abzielen könnten. Chinesische Unternehmen, die in diesen beiden US-Handelspartner-Ländern tätig sind, genießen normalerweise zollfreien Zugang zum amerikanischen Markt.
Trumps Zölle zeugen von der Überzeugung der US-Politiker, dass sich Amerika gegen China und dessen Wirtschaftsmodell wehren müsse. Ihrer Ansicht nach, so Busvine, hat China „enorme industrielle Überkapazitäten geschaffen und die Weltmärkte mit Überschussproduktion überschwemmt“. Antichinesische Zölle sind nur eine weitere Waffe in Washingtons gefährlichen und vergeblichen Bemühungen, Chinas wirtschaftlichen, technologischen und geopolitischen Aufstieg einzudämmen. Wie Lynn Song, China-Chefvolkswirt der ING, feststellte, hat Amerikas Handelskrieg mit China bereits den paradoxen Effekt, Chinas Streben nach „technischer Autarkie“ zu verstärken.
Anstatt sich über Zölle aufzuregen, sollten wir uns mehr mit den inländischen Ursachen für die wirtschaftliche Misere des Westens befassen. Wir müssen auch die geopolitischen Fragen, die auf dem Spiel stehen, genauer unter die Lupe nehmen. Hier werden sich die künftigen internationalen Konflikte wahrscheinlich zusammenbrauen. Das sollte uns weit stärker beunruhigen als Trumps Drohungen mit einem Handelskrieg.
Dieser Beitrag ist zuerst beim britischen Magazin spiked erschienen.
Mehr von Phil Mullan lesen Sie in dem Buch „Die Zombiewirtschaft – Warum die Politik Innovation behindert und die Unternehmen in Deutschland zu Wohlstandsbremsen geworden sind“. Mullan ist zudem Autor von “Beyond Confrontation: Globalists, Nationalists and Their Discontents”.