Wenn man genauer hinschaut, dann sind die Dinge manchmal ganz anders, als sie auf den ersten Blick aussehen. Manchmal sind sie aber auch ganz genau so, wie sie auf den ersten Blick aussehen.
Was Claudia Roth gerade macht, ist auch bei genauerem Hinschauen ganz genau so, wie es auf den ersten Blick aussieht.
Deutschlands immer noch amtierende Staatsministerin für Kultur und Medien startet noch kurz vor Weihnachten einen Generalangriff auf die Stiftung Preußischer Kulturbesitz. Auf Betreiben der Grünen wird die Reste-Ampel dem Bundestag (ja, den gibt es noch) am 19. Dezember ein neues Gesetz über eine der wichtigsten deutschen Kultureinrichtungen vorlegen.
Rote und Grüne haben zwar keine Mehrheit im Parlament – aber hey: Vielleicht macht die Union ja einfach mit. Bei Friedrich Merz kann man nie wissen. Und wenn nicht, dann wissen die Schwarzen gleich schon mal, was sie in den Koalitionsverhandlungen erwartet: grüner Geschichtsrevisionismus.
In Claudia Roths Gesetzentwurf wird nämlich „die Möglichkeit geschaffen, den Namen der Stiftung anzupassen“, denn der könne „falsche Assoziationen“ wecken.
Ob der neue Name dann vielleicht „Stiftung vielfältiger Kulturbesitz“ lauten soll, ist nicht bekannt. Bekannt ist allerdings, welchen Namensteil Claudia Roth schon seit über zwei Jahren erklärtermaßen unbedingt tilgen will: Wie auch immer die Stiftung künftig heißt – sie darf auf keinen Fall mehr „preußisch“ sein.
Denn Preußen ist für die Grünen die Keimzelle Deutschlands. Und Deutschland ist bekanntermaßen abgrundtief schlecht, wegen Hitler und Kolonien und so.
Hier wird die Sache kurzzeitig etwas unübersichtlich. Auf den ersten Blick wirkt die grüne Haltung zu Deutschland wie eine anti-nationalistische Position. Bei näherer Betrachtung ist sie aber das genaue Gegenteil. In Wahrheit vertreten die Grünen eine zutiefst nationalistische Politik:
Der grüne Nationalismus ist das Anti-Deutsche.
Alles ist gut, was nicht deutsch ist. Alles ist schlecht, was auch nur irgendwie deutsch sein könnte. Muslimische Lehrerinnen mit Kopftüchern sind gut; Kruzifixe in Klassenräumen sind schlecht. Ramadan ist gut; Oktoberfest ist schlecht. Ausländische Migranten in Deutschland sind gut; deutsche Touristen im Ausland sind schlecht. Die EU ist gut; die Bundesrepublik ist schlecht.
Die Grünen haben ein pathologisch gestörtes Verhältnis zur eigenen Heimat. Joschka Fischer schrieb einst ein Buch mit dem vielsagenden Titel „Risiko Deutschland“. Sein Nachfolger als grüner Ober-Macho, Robert Habeck, hat auch ein Buch geschrieben und formulierte dort: „Vaterlandsliebe fand ich stets zum Kotzen. Ich wusste mit Deutschland noch nie etwas anzufangen und weiß es bis heute nicht.“ Und ein Nachwuchspolitiker aus Rheinland-Pfalz ließ sich „Deutschland, Arschloch, Fick Dich“ auf sein T-Shirt drucken – er wurde prompt in den Landesvorstand der Grünen Jugend gewählt.
Entsprechend ebnet Habeck als Wirtschaftsminister die deutsche Wirtschaft ein. Annalena Baerbock verspielt – womöglich nicht völlig ahnungslos – Deutschlands Ruf in der Welt. Und Claudia Roth schreddert die deutsche Kulturgeschichte.
Allerdings hat sich Preußen über viele Jahrhunderte als erstaunlich zäh und widerstandsfähig erwiesen. Es hat viele Schlachten verloren und doch überlebt. Die siegreichen Alliierten haben nach dem Zweiten Weltkrieg nicht etwa das Deutsche Reich aufgelöst, dafür aber die völkerrechtliche Einheit „Preußen“. Doch weder ist das Wort verschwunden, noch sind es die kulturellen und politischen Errungenschaften.
Preußen gewährte mit dem Edikt von Potsdam den in Frankreich verfolgten Hugenotten massenhaft Zuflucht. Preußen schaffte die Folter ab. Preußen begründete das moderne Beamtenwesen. Und in Preußen entstanden fast alle jene Kulturschätze, die heute in der Stiftung zusammengefasst sind: das Geheime Staatsarchiv, die Staatsbibliothek, die Staatlichen Museen.
All das gäbe es ohne Preußen nicht.
Aber Claudia Roth und ihre Grünen wollen jetzt möglichst jeden Hinweis darauf final entsorgen – als ob all die politischen Errungenschaften und kulturellen Schätze irgendwie vom Himmel gefallen wären. Das ist eine neue Form von Geschichtsschreibung, die man wohl am passendsten als Geschichtslöschung bezeichnen sollte.
Wer keine Wurzeln hat, kann nicht wachsen. Wer seine Vergangenheit nicht kennt, wird in der Zukunft dieselben Fehler immer wieder machen. Ohne Gestern kein Morgen. Es gibt noch unzählige ähnliche Kalendersprüche zu dem Thema. Sie sind alle gleichermaßen simpel wie wahr.
Zum Glück richtet sich die Geschichte nicht nach Claudia Roth. Preußens Erbe bleibt Preußens Erbe. Daran werden sich die Menschen noch erinnern, wenn schon längst niemand mehr weiß, wer Claudia Roth eigentlich war.