Frachtschiffe, Öl- und Gastanker, Container- und Passagierschiffe sind für drei Prozent der weltweiten CO2-Emissionen verantwortlich. Zwar wird die Menge zurückgehen, wenn der künftige US-Präsident Donald Trump seine Drohung wahrmacht, den Welthandel massiv zu beeinträchtigen. Doch der Rest reicht allemal, um die Klimaziele zu gefährden.
Der Kernenergie-Entwickler und -Berater ULC-Energy BV in Amsterdam und der Schiffsdesigner C-Job Naval Architects in Hoofddorp am Amsterdamer Flughafen Schiphol haben in einer Studie gezeigt, dass ein Nuklearantrieb die Klimagasemissionen von Schiffen um 98 Prozent reduzieren würde, verglichen mit einem Schiff, das mit Schweröl beziehungsweise Diesel angetrieben wird. ULC Energy ist vor allem in den geplanten Bau von kleinen Kernkraftwerken des britischen Herstellers Rolls Royce SMR involviert.
In der Studie vergleichen die Ingenieure der beiden Unternehmen einen Newcastlemax-Massengutfrachter mit Atomantrieb – ein Frachtschiff mit einer maximalen Breite von 50 Metern und einer maximalen Gesamtlänge von 300 Metern – mit einem gleich großen Schiff, das mit herkömmlichem sehr schwefelarmem Heizöl (VLSFO) angetrieben wird, und einem Frachter, der mit grünem Ammoniak fährt. Sie untersuchten die Auswirkungen auf das Design, die Treibhausgasemissionen und die kommerzielle Leistung für jeden Kraftstofftyp.
Die Autoren der Studie gehen davon aus, dass der Reaktor eine Lebensdauer von bis zu 75 Jahren hat. Das bedeutet, er überlebt das Schiff, in das er eingebaut wird. Er könnte, wenn das Schiff verschrottet wird, ausgebaut und in einen weiteren Frachter integriert werden. Das würde die Kosten pro Tonnenkilometer noch weiter reduzieren.
Im Juli vergangenen Jahres hat die Schifffahrtsindustrie über die Internationale Seeschifffahrts-Organisation, eine Sonderorganisation der Vereinten Nationen mit Sitz in London, neue Ziele für die Reduzierung der Treibhausgasemissionen verabschiedet. Danach soll bis 2050 „Netto-Null“ erreicht werden. Ansätze, das zu realisieren, gibt es bereits. So sind schon ammoniak- und erdgasbetriebene Schiffe unterwegs, auch solche, die von Elektromotoren angetrieben werden. Denkbar sind auch synthetische Kraftstoffe, die aus atmosphärischem CO2 und grünem Wasserstoff hergestellt werden, für den wiederum grüner Strom benötigt wird. Fraglich ist, ob tatsächlich ausreichend Wind- und Solarstrom produziert werden kann, um die zahlreichen Dekarbonisierungsaufgaben zu erledigen. Stahl- und Zementindustrie benötigen gigantische Mengen an Wasserstoff für eine grüne Produktion, ebenso der Luftverkehr, Binnenschiffe und Lkw in Form von synthetischen Treibstoffen.
Atomfrachter schienen schon einmal eine große Zukunft zu haben. 1964 lief die „Otto Hahn“ vom Stapel, das weltweit dritte zivile Schiff mit Atomantrieb nach dem sowjetischen Eisbrecher „Lenin“ und der US-amerikanischen „Savannah“. Sie war fast elf Jahre lang störungsfrei in Betrieb, wurde dann aber stillgelegt, weil die Nutzung von Erdölprodukten weitaus billiger und die Gefahr einer Klimakatastrophe noch nicht formuliert war. Deutschland hatte 1956 für die Entwicklung des Schiffs eigens die „Gesellschaft für Kernenergieverwertung in Schiffbau und Schiffahrt“ in Geesthacht an der Elbe gegründet. Heute heißt das Forschungszentrum schlicht Helmholtz-Zentrum Geesthacht.